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Die Krise als Menstruation unter den Lebenslagen

Mechanisch zappe ich durch die Spotify-Playlist auf meinem Handy, ohne einem Song überhaupt eine Chance zu geben. Heisst für mich: Nix gutes.
Die Rasselbande meiner inneren Anteile sorgt auch heute für Unterhaltung.

Es ist Freitagabend, viele Menschen tummeln sich am Hauptbahnhof. Manche schwingen schwarze Aktenkoffer nach Hause, eine Gruppe junger Leute rennt auf den Bus, andere sind dynamisch gestylt fürs Nachtleben.
Irgendwie bin ich auch dynamisch unterwegs. Ich torkle in meiner Welt umher und will nach Hause.

Ich rede nicht, liefere aber trotzdem heisse Wortgefechte mit mir selbst. Die Gefühlslagen werden zu körperlichen Symptomen, die sich ins Zentrum drängen und von mir erwarten, sie zu meiner Identität zu machen. Ekelhaft, sowas.
Unangenehme Hitzewallungen, ein wildes Herz ohne jegliches Rhythmusgefühl, Krämpfe im Magen, das Gefühl von Zusammenbruch. 

Ich setze mich. Und erinnere mich, dass es vorbei geht. Wie alles im Leben.
Und: Atmen soll gut sein.
Kurz einatmen und lange aaaaaaaausatmen.

Zugegeben, in solchen Momenten wäre ich gerne teflonbeschichtet. Doch bei genauer Betrachtung sind diese Zustände super nützlich! Sie bremsen mein Leben, das höchst wahrscheinlich aus der Spur geraten ist.
Weshalb bilde ich mir ein, dass etwas besser ist, wenn ich es möglichst schnell erledige?

Stress ist Gift.
Gift ist uncool.
Uncool ist.. naja, uncool eben.

Meine Biologie reduziert auf das Wesentliche: Meine Gesundheit!

Eine Viertelstunde später ist der Spuk vorbei. Plötzlich ist es ruhig, keine hektischen Bewegungen mehr, keine Eile auf den Bus, kein Abarbeiten des durchstrukturierten 10-Jahresplan.
Durch die kontrollierte Atmung spüre ich wieder etwas Boden unter den Füssen. In Zeitlupenmodus stehe ich auf und trete die Heimreise an.

Eigentlich sollte ich mich für den einwandfreien Stoffwechsel beglückwünschen!

Eine krisengeschüttelte Zeit ist wie eine Menstruation: Mittendrin nicht sehr angenehm, doch durchhalten ist die Devise. Diese sinnbildlich wiederkehrende, periodische Blutung lädt mich ein, das Leben immer besser zu verstehen.
Am Ende der schmerzhaften Tage bleibt das Gefühl einer inneren Reinigung. Eine seltsame Mischung aus «erlöst» und «befreit». Meine Biologie nimmt den Reinigungsprozess ernst. So gesehen funktioniert mein Stoffwechsel einwandfrei – nicht alle Leute sind mit diesem Segen ausgestattet!

Bist du gerade in einer anstrengenden Phase? Alles okay.
Du brauchst gerade keine Antworten.


Die paradiesische Duftnote eines neuen Lebensabschnittes riecht nicht sofort nach zarten Mandelblüten. Veränderungen sind intensive Prozesse. Zumindest, wenn du nachhaltige Modelle anstrebst. Kein «tschakka» oder so.

Heilungsprozesse brauchen Geduld. Bereite dich also schon mal auf grössere Lebensveränderungen vor – auch wenn du bereits auf deiner Ungeduld rumtrommelst, als hättest du den schwarzen Gürtel des örtlichen Trommeltreffs ergattert.

Bumm. Bumm. Tschak.

Wie wäre es, wenn du versuchst, deine Kurzsichtigkeit einmal für die nächste Stunde abzulegen und dem zu vertrauen, was da in dein Leben möchte? Das Leben traut dir zu, für den Quantensprung in ein neues Kapitel bereit zu sein. Selbst wenn du dich noch fragst, welcher Lebensabschnitt überhaupt gerade dran ist.

Es ist okay, reduziert unterwegs zu sein. Du gibst bereits dein Bestes! Mehr ist jetzt halt nicht drin. Trotzdem – oder gerade deshalb – darfst du dich lieb haben. Sei für dich da, du brauchst dich.

Das, was du heute als Wirklichkeit erlebst, kann morgen schon ganz anders sein. Sie gehen vorbei, diese Tage. Dieser Zyklus, diese Periode.
Gefühle ändern sich und auch das Gute kann unerwartet schnell kommen.

Bis es soweit ist heisst es:
Dranbleiben.
Weitermachen.
Aufstehen.
Durchhalten.
Immer und immer wieder.

Wir schaffen das! 

In diesem Sinne
Bleiben wir gemeinsam dran – es lohnt sich!

Noémie