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Lachen ist nichts, worauf man warten muss – Lachyoga in der Stadt St.Gallen!
Neulich beim Junggesellenabschied einer Freundin.
Wir sind klassisch unterwegs mit Leiterwagen in St. Gallen. Mit dabei ein grosser Los-Topf, welches die nächste Aufgabe für die Dame mit Krönchen bestimmt. Die zukünftige Braut zieht ein neues Los aus dem Topf.
«Laaaachyoga», liest sie laut grinsend vor.
Während sie in ihrem Tütü Passanten suchen muss, die mitmachen möchten, krame ich meine aufgeschriebenen Notizen hervor.
Ehrlich gesagt habe ich sowas noch nie gemacht, aber hey, wozu gibt’s denn Internet?
Erstaunlich schnell stehen wildfremde Menschen vor mir, die sich für die bevorstehende Aktivität begeistern können. Sie strahlen mich sogar vorfreudig an!
Na dann, los geht’s! Ich erkläre meine Internet-Recherchen, während wir gemeinsam die Übungen praktizieren. Ist schon etwas merkwürdig, wie ein verstörtes Huhn durch die Strassen zu hoppeln und eigenartige Laute von sich zu geben.
Vor allem, wenn etwa fünfzehn andere Personen in den Kanon einstimmen.
Ist objektiv betrachtet total bescheuert, schiesst es mir durch den Kopf, während ich nicht aufhören kann zu grinsen. Total klasse, ich wundere mich über so viel Verrücktheit.
Andere Übung.
Wir bringen einen imaginären Rasenmäher mit einem Ho-Ho-Ho zum Anspringen und hüpfen anschliessend wie ein Känguru durch die Gassen von St.Gallen.
Wir «mähen» auf Kopfsteinpflaster.
An einem Samstagabend.
Bei regnerischen Verhältnissen.
Ich meine, warum auch nicht?
Ist das noch Humor oder tatsächlich verrückt?
Ich grinse meinen Gedanken vergnügt zu. Es fühlt sich aber nur so lange verrückt an, bis ich in die Augen der anderen Rasenmähenden blicke. Ich spüre, wie das künstliche Lachen langsam echt wird. Denn irgendjemand lacht immer, der die anderen ansteckt.
Da sind fremde Menschen, die mir in diesem Moment sofort nah sind. Hüpfendes Rasenmähen verbindet.
Memo an mich selbst.
In dieser Stimmung geht das «Seminar» zu Ende. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiss: Es fängt gerade erst an!
Aber dazu später mehr.
Wir brauchen keinen Grund, zu lachen. Lachen ist eine Fähigkeit, die man lernen kann. Es ist für Menschen gedacht, die mehr Leichtigkeit möchten in ihrem Leben. Oder das Lachen wiederentdecken wollen.
Für Menschen, die glauben, das Lachen verlernt zu haben.
Beim Einzahlen der Rechnungen.
Wenn die Lieblingssorte der grünen Bohnen ausverkauft ist.
Nach einem Todesfall.
Mit depressiven Verstimmungen.
Oder wenn uns das Leben zu überrollen droht.
Lachen ist nichts, worauf man warten muss. Ich glaube, wir sind nur eine Entscheidung davon entfernt. Lachyoga besitzt die wundervolle Möglichkeit, die Mundwinkel schon mal in die richtige Form zu bringen.
Schliesslich lachen wir nicht, um glücklich zu sein, sondern sind glücklich, weil wir lachen.
Während einer Krise vermisse ich die Freude
Es wäre viel zu kitschig, wenn im Leben alles reibungslos klappen würde. Dafür gibt’s schnulzige Liebesfilme. In krisengeschüttelten Zeiten sehne ich mich nach Leichtigkeit und dem Gefühl, lebendig zu sein. Beim Lachen geht es genau um diese Leichtigkeit.
Und die Freude wieder zu entdecken.
Das Lachen ist keine einzelne Therapie, trotzdem sehe ich einen grossen Zusammenhang mit dem persönlichen Recoveryweg.
Wenn sich meine Laune unter der Bettdecke verkriecht, klemme ich mir einen Stift zwischen die Zähne, stehe vor den Spiegel und halte diese Position für eine Minute lang.
Ja, ich komme mir doof vor.
Trotzdem höre ich nicht auf, weil die Strategie von Frau Birkenbihl wirkt.
Bei mir zumindest.
Oder ich praktiziere Lachyoga in meiner Wohnung. Anleitungen dazu gibt’s im Internet. Ich meine, wer möchte nicht mal wieder den Badezimmerboden mähen? Lachen hat eine heilende Wirkung und stärkt das Immunsystem. Das ist wunderbar, weil es draussen schon wieder Herbst wird.
Ich fröstel schon mal vor mich hin.
Was das Lachyoga aus meiner Sicht so attraktiv macht: Während ich lache, ist es unmöglich, an die Aufgaben der nächsten Woche zu denken. Ob ich das zarte Pflänzchen meiner Omi schon getränkt habe oder wann ich die Inventur der Gartenzwerge plane. Es kommt mir auch nicht in den Sinn, meine Schlafqualität zu hinterfragen oder was mir mein Schwindelgefühl denn so grossartiges spiegeln möchte.
Zurück zum Junggesellenabschied.
Kurz vor Mitternacht.
Gleiche Stadt, andere Gasse, fremde Menschen. Wir werden als «die Gruppe mit dem Lachyoga» erkannt und angesprochen.
«Hey, ihr macht doch Lachyoga!», strahlt mich eine Frau von der Seite an und fragt, ob wir jetzt Lachyoga machen können. Auch die Frauen hinter ihr sind sofort zur Stelle und blicken mich vorfreudig an.
Wahnsinn! Dass sich sowas wie Lachyoga so sehr herumspricht? Ich meine, wir befinden uns nicht in einem Kuhdorf mit dreieinhalb Einwohner!
Ich bin überwältigt. Und blicke fragend rüber zu der Dame, die sich mit Krönchen und weissem Tütü von einem Passanten gerade frisieren lassen muss.
Mit rosaroten Hello-Kitty-Haarspangen.
Einfach super sympathisch, diese amüsanten Lose.
Nachdem ihre Frisur sitzt, beginnt sie die erste Lachyoga-Übung. Immer mehr Menschen kommen dazu. Was für ein Fest! Am Ende nehmen etwa zwanzig Personen aktiv teil. Und die Leute in der unmittelbaren Umgebung lachen einfach passiv mit.
Sie haben auch gar keine andere Wahl. Wäre der Platz videoüberwacht gewesen, würde ich mich beim Ansehen jedes Mal knapp schlapp lachen.
Was für eine tolle Erfahrung! Ein riesiges Dankeschön fürs Mitmachen, falls das jemand liest, der dabei war!
Solche Happy-Wohlfühl-Momente mag ich sehr.
Es liegt an mir, solche Augenblicke in meinem Alltag zu vermehren. Auch wenn der Junggesellenabschied meiner Freundin bereits vorbei ist.
Vor allem die zukünftige Braut wird sich vermutlich wieder dafür begeistern können. Auch ohne offizielle Erkennung eines Polterabends.
Oder wir besuchen tatsächlich ein professionelles Lachyoga-Seminar.
Wir sind nur eine Entscheidung entfernt.
Wie so oft im Leben.
In diesem Sinne
Bleiben wir dran – es lohnt sich!
Noémie