Allgemein
…nicht ganz hundert? Auch schön.
Ich verstehe kaum was vom Hebelgesetz. Physik, Drehpunkt und noch son Zeug.
Im Jahr 2014 gab es jedoch einen besonderen Moment – bei einem Vortrag von Extremsportler Achim Heukemes. Da legte sich ein Hebel sogar in meinem Schädel um!
Heute wird’s sportlich, aber keine Sorge, du brauchst weder Schwimmbrille noch Volleyball.
Bleiben wir beim Vortrag.
Achim Heukemes erzählte eindrücklich von seinen Erlebnissen. Eines ist mir bis heute geblieben: Auf einem seiner Extremläufe über mehrere Wochen bekam er Fieber und rutschte auf den letzten Platz. Sein Betreuer teilte ihm mit, dass er das Schlusslicht bildete und elf Frauen vor ihm platziert waren. Irgendwas in ihm machte dabei «klick» und er sagte sich: Nö! Das geht nicht!
Was unternahm also der geklickte Typ?
Er robbte aus dem Bett, schnürte die Laufschuhe und lief weiter. Seine Situation wollte er (aus welchem Grund auch immer) nicht auf sich sitzen lassen. Läufer um Läufer und Läuferin um Läuferin holte er ein. Am Ende des Wettkampfes lief er sogar auf den zweiten oder ersten Platz.
Das weiss ich leider nicht mehr.
Aber was ich noch genau weiss, ist mein mentaler Spagat zwischen Bewunderung und völlig verrückt.
«Bitte? Ist der nicht ganz hundert?!», diskutierte ich lautstark in Gedanken. Als hätte er mich gehört, setzte er seinen Vortrag fort: «Die Leute halten mich für einen Irren. Aber das bin ich nicht. Ich bin nur so, wie sie auch wären, wenn sie nicht so viel Angst hätten.»
Bääm. Ausraster, Leute.
Nicht, dass ich falsch verstanden werde. Mit Fieber Sport zu treiben ist keineswegs intelligent und hochgradig gefährlich. Darum geht es mir nicht und auch nicht um die Platzierung.
Das Ding mit dem «nichts ist unmöglich» fasziniert mich. Das Umlegen von Hebeln, den mechanischen Kraftwandlern. Bzw. dem mentalen Kraftwandler, das Unmögliche in ein möglich zu drehen.
Was, wenn plötzlich alles möglich wäre?
«Nichts ist unmöglich» klingt nach Toyota. Und im zweiten Anlauf nach einer lückenlosen Vorwärtsbewegung. Bestimmt nett. Aber in der Praxis reicht ein Sportbeutel mit Kumbaja und Tschakka leider nicht ganz aus.
Wenn wir auf dem Sprung sind, Neues zu entdecken, meldet das Gehirn eine erhöhte Angstneigung. Die brodelnde Gedankensuppe setzt sich in Bewegung, der Verstand bietet immer wieder Zweifel an. Wir würden am liebsten davonlaufen, wenn es darum geht, den nächsten Schritt in diese Richtung zu setzen. Vor allem, wenn es uns wichtig ist.
Es trotzdem zu tun, zeugt meiner Meinung nach von Respekt zu uns selbst.
Und wie gehe ich persönlich sowas an?
Ähm. Ziemlich unspektakulär.
Ich schnapp mir ein Blatt Papier und schreibe den Titel: Wenn alles möglich wäre…
Darunter liste ich auf, was da hochkommt. Was verzaubert mich wirklich? Bei was falle ich freiwillig in die stabile Seitenlage?
Was wünsche ich mir in Bezug auf Freundschaften? Gesundheit? Familie? Finanzen? Zahnhygiene? Beruf? Ernährung? Schlaf? Abendroutine? Wohnort?
Mit der Auseinandersetzung krame ich in meinem Herzbeutel umher (und nicht im Sportbeutel). Mein muskuläres Hohlorgan weiss eben, was gut für mich ist.
Die Dinge, nach denen ich strebe müssen nicht zwangsläufig die Dinge sein, die mich glücklich machen. Da trennt sich die Spreu vom Weizen.
Oder der Hebel vom Gesetz.
Ich schweife ab.
Zurück zu Herr Heukemes.
Meine Verrücktheit einschätzen von null bis hundert?
Mein Pegel würde bestimmt ins obere Drittel pilgern. Wie es wohl ist, zur Abwechslung mal «ganz hundert» zu sein? Der Extremsportler inspiriert mich, Grenzen auch sportlich zu verschieben.
Die Zahl habe ich wörtlich genommen. Hundert Kilometer nonstop zu spazieren und dabei unter 24 Stunden zu bleiben ist undenkbar? Unmöglich ist doch alles – bis man es tut.
Vor zwei Wochen stellte ich mich experimentierfreudig an die Startlinie.
Um den Artikel nicht künstlich zu verlängern, verlinke ich dir dazu gerne meine Video-Reportage. Da erfährst du, was ich auf meiner Reise prickelndes und weniger charmantes erlebt habe. Und ob ich die hundert tatsächlich geschafft habe.
Sofern du magst.
Die beste Zeit, etwas zu tun ist ja die Gegen-wart. Also gegen das Warten sein.
Wer sein Ziel fest vor Augen hat, muss sich um die Distanz nicht mehr kümmern.
Es muss nichts mit Sport zu tun haben. Sondern zu den Antworten passen, die du unter Wenn alles möglich wäre… aufgelistet hast.
Wirf deine plausibel erscheinenden Ausreden in elegantem Bogen in die nächste Bio-Tonne. Trage deine Freude huckepack, lass dich von der Geduld begleiten und es ist viel mehr möglich, als du glaubst!
Manchmal wird aus einem klitzekleinen Schritt in die richtige Richtung der grösste Schritt deines Lebens. Gehe auf Zehenspitzen, aber geh los.
Für dich.
In diesem Sinne
Bleiben wir gemeinsam dran – es lohnt sich!
Noémie
PS 1: Ich werde ein Blog-Sommerpäuschen einlegen. Bissel an meiner Zukunft rumbasteln, das Klima in mir pflegen und die Arbeit auf meinem Schreibtisch meistern.
PS 2: Da schweben verrückte Dinge durch die Galaxie, bei denen ich mir denke: Ähm. Bitte?!
Das Universum ist manchmal auch nicht ganz hundert… schön! Ganz meine Humorfarbe.
PS 3: wie viele Postskriptums sind eigentlich erlaubt?
PS 4: Ich freue mich schon, für dich wieder in die Tasten zu hauen! Wagen wir bis dann gemeinsam den ersten Schritt, das Unmögliche ins Mögliche zu hebeln?