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Überfüllte Schubladen aus meinem Kopf kippen

Formulieren wir es mal so: Wenn ich eine Entsorgungsfirma hätte, würde die bestimmt auf Hochtouren laufen.
Ich muss schmunzeln. Und trage ein siegessicheres Lächeln im Gesicht.
Dabei bringe ich nur den Müll runter.

Ich bin gerade dabei zu entrümpeln.
Und meine Wohnung auszumisten.
Durchaus in der grosszügigen Vorgehensweise. 

Es fühlt sich wunderbar an, Ballast loszuwerden. Mein siegessicheres Lächeln trügt trotzdem.
Es gibt Momente im Leben, da schaue ich mir selbst verwundert zu und bin gespannt, wie es weitergeht.
So ein Moment ist jetzt.

Ich stehe auf dem emotionalen Balancebrett, da die Stabilität gerade Urlaub hat. Doch was da unter meinen Füssen so wackelt, ist kein Power-Plate-Fitnessgerät.
Meine Seele weist mich auf etwas hin. Sonst würde ich nicht fühlen, wie ich mich fühle.

Für eine depressive Verstimmung bin ich derzeit viel zu aktiv. Für eine Midlifecrisis stecke ich noch zu fest in den röchelnden Windeln und für die Wechseljahre passt das Alter auch nicht ganz.
Mit einer gemischten  Tüte voller Emotionen spreche ich ins Mikrophon meines Handys und produziere ein Gedankengebräu, dessen Ausgang noch völlig unklar ist. Das Gebräu endet als Sprachnachricht auf Whatsapp. Und sende sie einer Freundin.

Sie schickt mir eine zurück.
Ihre Worte berühren mich so sehr, dass ich den Stich in mein Herz beinahe fühlen kann.

«Du willst nicht haben, du willst sein», sagt sie.
Puh.
Ja.
Haben kann Ablenken.

Vielleicht stehe ich auch schon mitten im Neuanfang?

Meine Schubladen im Kopf sind überfüllt. Sie quellen über.
Immer wieder, selbst bei scheinbar banalen Dingen.
Die Frage nach der Supercard an der Kasse.
Und ob ich Treuepunkte sammle.

Klar, die Kassiererinnen erledigen zuverlässig ihren Job.
Und ich sehne mich nach Reduktion. Vielleicht ist es auch die Sehnsucht nach Klarheit. Danach, meinen Kopf auszumisten.

Verstaubte Glaubenssätze, Einstellungen und Überzeugungen, die schon antik geworden sind, durch Zeitgemässe zu ersetzen. Ich möchte die überfüllten Schubladen aus meinem Kopf leeren, wie die Räume in meiner Wohnung.
Ich meine, wenn alles vollgestopft ist, haben auch schöne Dinge keinen Platz mehr.

Es geht vermutlich ums Loslassen. Loslassen ist wohl die beste Therapie für Zwischendurch. Dafür brauche ich auch keine Diagnose für die Krankenkasse.
Vielleicht geht es auch darum, glücklich zu sein. Wie glücklich oder unglücklich ich bin, hängt noch immer davon ab, welchen Anspruch ich an das Leben habe. Innere Zufriedenheit beruht auf inneren Werten. Da lande ich wieder bei den eigenen Werten, obwohl ich gar nicht losgeflogen bin. 

Das mit der inneren Zufriedenheit überprüfe ich nochmals sorgfältig. Denn meine Stimmung zieht an der Leine wie so ein Hündchen. Manchmal schwanke ich zwischen Freunde anrufen, ob sie mir einen Kamillentee zubereiten und dem Gedanken, drei Stunden durch die Gegend zu rennen.

Manchmal bin ich überzeugt, sofort das ändern zu müssen, was mich stört. Und gleichzeitig kann ich eine Rechtfertigung aus meinem Ärmel zaubern, alles beim Alten zu lassen.
Tadaa! Der Zauber-Lifestyle à la Noémie.

Wenn ich so nachdenke, muss ich ausserordentlich verständnisvoll sein, um meine Stimmungsumbrüche zu ertragen. Vielleicht begebe ich mich doch besser in das präventive Salbeiblätter-knabbern, um die Wechseljahre tatsächlich auszuschliessen.

Vielleicht ist dieses Umstrukturieren auch nur eines meiner Hobbys? Immerhin schaffe ich es, immer wieder über mich selbst zu lachen. Vor allem, wenn ich glaube, dass ich etwas über meine Zukunft erfahren kann, wenn ich mein Horoskop lese.
In einer Gratiszeitung.
Von letzter Woche.

Lächeln kann ich, weil ich keine sofortigen Antworten haben muss. Ist es nicht viel eher so, dass wir von Erfahrungen lernen, jeden Tag aufs Neue?
Lassen wir den Prozess unsere beste Stütze sein.

Beim Entrümpeln.
Bei der Reduktion auf das Wesentliche.
Beim Ausmisten von Kleider, Möbel, Denkmuster.

Das Schöne daran?
Beim Aussortieren gibt es kein Richtig oder Falsch.
Es gibt dein Bauchgefühl.

Lassen wir die Neugierde auf den Neuanfang wachsen. Es ist nie zu spät, sein Leben zu entdecken. 

In diesem Sinne
Bleiben wir gemeinsam dran – es lohnt sich!

Noémie