Interview

„Weniger essen und mehr Sport reicht eben nicht immer“

…sagt Katharina (30) im Interview. Gemeinsam mit ihrem Mann Georg (32) berichtet sie offen und persönlich über den gemeinsamen Weg in ein schlankes Leben.

Im Januar 2017 entscheidet sich Georg für eine Magenbypass-Operation, vier Monate später wird die Operation auch bei Katharina durchgeführt. Bisher haben sie zusammen 99 kg abgenommen. Das Ehepaar ist seit fast fünf Jahren verheiratet und wohnt in Wittenbach, St.Gallen.

Welche Hürden mussten sie bewältigen?
Und wie meistern sie ihr Leben heute?
Die Antworten findest du im folgenden Interview – viel Vergnügen beim Lesen!

Eine einleitende Frage zum Verständnis: Was genau ist eine Magenbypass-Operation in kurzen Sätzen?

In kurzen Sätzen ist es schwer zu beschreiben, weil es nicht nur eine Magenverkleinerung ist. Der Magen wird zerschnitten, so dass nur noch ein kleiner Teil als eigentlicher Magen verbleibt. Man hat also sehr schnell genug. Der restliche Magen bleibt aber im Körper und wird nicht entfernt. Man hat quasi einen kleinen Magen in Betrieb und einen Restmagen, der nur so rumhängt, aber Magensäure produziert. Weil das nun aber zwei Mägen sind, muss der Darmzugang verändert werden. Es sind beide Mägen mit dem Darm verbunden.

Wie kam es zu der definitiven Entscheidung, eine Magenoperation machen zu lassen?

Georg: Bei mir wurde im Sommer 2016 festgestellt, dass ich eine Herzwandverdickung habe. Um mein Herz zu entlasten, wurde mir empfohlen, so schnell wie möglich an Gewicht zu verlieren. Dazu kam, dass ich vermutlich bald Diabetes bekommen hätte.
Mit den Ärzten wurden verschiedene Möglichkeiten besprochen. Nachdem ich an einen Facharzt für Adipositas überwiesen wurde, war schnell klar, dass eine Operation die grössten Erfolgschancen für mich hätte.
Die Vorbereitungszeit ist intensiv, man muss sich lange damit auseinander setzen. Aber ich habe die Chancen und Risiken abgewogen und mich dann für die Operation entschieden.

Katharina: Ich kämpfe schon über zehn Jahre mit Übergewicht und habe schon diverse Sachen ausprobiert, war schon drei Mal in der Ernährungsberatung, habe Kalorien gezählt, viel Sport gemacht. Letztlich habe ich aber in den letzten zehn Jahren dennoch über 10 kg zugenommen.
Auch nachdem Georg die Empfehlung erhalten hatte, die OP zu machen, habe ich das als „den einfachen Weg“ zuerst vehement abgelehnt.

Wie er sagt, war die Vorbereitung auf die OP intensiv. Drei Monate hat man fast wöchentlich Termine, in denen es nur um die OP geht. Man wird darüber informiert, was gemacht wird, wie sich dies auf das Leben auswirken kann, worauf man danach achten muss, man ist beim Psychiater und noch vieles mehr.
Ich habe versucht, Georg so gut es geht zu unterstützen und habe mich mit vielen Themen selbst intensiv auseinandergesetzt.
Nach zwei Monaten habe ich mich gefragt: Warum mache ich das eigentlich nicht auch? Und mir fielen keine Argumente ein. Ich musste mir eingestehen, dass ich auf konservativem Weg nur erreicht habe, nicht noch mehr zuzunehmen. Auch musste ich mir eingestehen, dass ich gescheitert bin, dass ich, wenn ich eine normale Zukunft haben möchte, eine schlanke Zukunft, einen anderen Weg finden muss.

Darüber hinaus bin ich auch an den Punkt gekommen, an dem ich mir eingestehen musste, dass Adipositas bei unserem BMI eine chronische Krankheit darstellt. Leute, die sich damit auseinandersetzen, können erkennen, dass nur „weniger Essen und mehr Sport“ eben nicht immer reicht. Bei einer Depression sagt man heute auch nicht mehr, dass „mehr Sonne und Bewegung an der frischen Luft“ die Lösung ist. Deshalb habe ich mich im Dezember 2016 entschlossen, die OP zu machen.

Welche Herausforderungen musstet ihr in eurem «neuen» Lebensabschnitt bewältigen?

Langsames Essen war eine Herausforderung. Aber auch die Augen mussten lernen, wie viel Essen man essen kann, also dass man eben nicht zu viel Lebensmittel auf dem Teller hat. Versuchen zu spüren, ob man satt ist, war eine andere Herausforderung.

Inwiefern hat euch die Operation verändert?

Georg: Ich habe wieder angefangen, Eishockey zu spielen und fahre Inlineskates.

Katharina: Ich finde, wir sind wieder unternehmungslustiger geworden, gehen mehr nach draussen. Ich persönlich finde auch, dass ich viel mehr Energie habe und viel seltener erschöpft bin im Vergleich zu früher.

Wie hat euer Umfeld auf die Veränderungen reagiert?

Georg: Eigentlich durchwegs positiv. Ich wurde allerdings auch gefragt, ob ich krank sei, weil ich so schnell abgenommen habe.

Katharina: Bei mir eigentlich auch. Besonders meine Familie, in der viele auch Gewichtsprobleme haben oder hatten, war viel Unterstützung da.
Meine Mutter war besonders herzig: Nachdem ich ihr meine Beweggründe erklärt hatte, meinte sie: Ja dann mach es, dann kannst Du es geniessen, solange du noch jung bist. Das hat mir sehr viel bedeutet.

Es gibt auch einige kritische Stimmen in der Gesellschaft, die Leute mit einer Magenbypass-Operation als faul stigmatisieren. Was denkt ihr darüber?

Georg: Wenn man bedenkt, dass Übergewicht eine Krankheit ist, hat es nichts mehr mit Bequemlichkeit zu tun.

Katharina: Ich denke auch. Die OP bzw. das Leben danach beinhaltet eine grosse Umstellung. Ich gebe aber zu, dass wenn der Leidensdruck des Übergewichts gross ist, nimmt man dies alles gerne in Kauf.
Es fallen nach der OP viele „Probleme“ weg und wenn man andere Einschränkungen nicht als Probleme sieht, fühlt es sich eben einfach an. Beispielsweise hat es mich vor der OP jeweils viel Energie gekostet, aufzuhören zu essen, wenn ich genug hatte. Wenn ich jetzt zu viel esse, bekomme ich starke Bauchschmerzen. Es fällt mir insgesamt aber einfach leichter, aufzuhören, wenn ich satt bin, ohne dass ich Bauchschmerzen bekomme.
So gesehen ist es einfach mit der OP.
Aber es gibt eben andere Einschränkungen.

Welche Dinge im Alltag fühlen sich heute leichter an, als vor der Operation?

Georg und Katharina: alles. Arbeiten, Hobbies, Sport, Einkaufen… einfach alles ist leichter.

Habt ihr drei Tipps, die ihr anderen Menschen, vorwiegend mit Übergewicht geben würdet?

1. Nicht aufgeben, einen Weg zu suchen, um ans Ziel zu kommen
2. Die Leute reden lassen, sie reden so oder so
3. Den eigenen Weg finden, nicht der eines anderen gehen

Habt ihr abschliessend ein Lebensmotto, welches ihr mit uns teilen wollt?

Georg: Mir haben folgende Zitate gut gefallen:
Erfolg heißt einmal mehr aufstehen, als hinfallen! (Winston Churchill)
Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Katharina: Ich finde, das wichtigste ist, dass man ehrlich zu sich selbst ist. Wenn man sich seine Schwächen, aber auch seine Stärken ehrlich eingesteht, kommt man weiter.
Und die Freude am Leben soll man nicht vergessen, egal was ist!



Herzlichen Dank für das berührende Interview und eure Offenheit! 
Katharina und Georg sind meiner Meinung nach wunderbare Vorbilder, wie man sein Leben ändern kann.
Und das Ändern leben. 

In diesem Sinne
Bleib dran – es lohnt sich! 

Noémie