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Weshalb die Konfrontation nicht nur schmerzt!

Dieser Artikel wird mal wieder eine ungefilterte Kiste. Manchmal helfen eben nur klare Worte.

Neulich bei meiner Hausärztin.
Einige Blutwerte stimmen nicht. Etwas mit meinem Magen soll nicht in Ordnung sein.
«Meine Magenbeschwerden sind psychosomatisch», sage ich. Meine Stimme lässt keine Zweifel aufkommen. Ich weiss nicht, ob ich meine Ärztin oder doch mich selbst davon überzeugen möchte.

Meine Ärztin nickt freundlich auf meine Aussage. Und erklärt mir, dass auch das «psycho» eines Tages «somatisch» wird.
«Bei Stress produziert der Körper gewisse Salze, die in die Blutbahn abgegeben werden. Diese greifen die Magenschleimhaut an. Das gibt Entzündungen», sagt sie.
Lang andauernde Entzündungen der Magenschleimhaut summieren sich zu einem Magengeschwür. Unbehandelt werden die Entzündungen chronisch. Solche Gewächse können Vorboten für Magenkrebs sein.

Puh.
Mein Verdauungsapparat ist ohnehin kein sonderlich motivierter Typ, aber das da klingt ziemlich ungesund. 
Ich sitze da und bin nicht in der Lage, Worte zu finden.

Eindrücklich, dieser unvermeidbare Ich-verarsch-mich-nicht-mehr-selbst-Moment

Zahlen lügen nicht. Weder beim Kontostand, der Körperwaage, noch an der Tanke mit dem Golf GTI.
Oder eben bei Blutwerten.

Der Körper nimmt oft widerstandslos hin, meist viel zu lange. Langfristig ist er nicht dazu gemacht. Jetzt ist höchste Zeit (ist es nicht immer höchste Zeit?), aufzuhören mich selbst zu vergiften. Dieses Vorhaben hat selten mit einer «Detox-Pillen-Kur» oder dem Verzehr von grünen Bohnen zu tun.

Nach den medizinischen Massnahmen verabschiede ich mich von meiner Ärztin und werde mit allerhand Fragezeichen in mein Leben ausserhalb der Praxis entlassen.

Einfach nur Stress und Überbelastung vermeiden. Das Leben kann so simpel sein. Naja, kann… Soll ich mich denn jetzt vom Leben zurückziehen, den Schonwaschgang einlegen, mich zuhause einsperren und provokativ auf den Tod warten?
Eine nette Befindlichkeitsrunde starten und Kumbaja singen?
Gefühlskonfetti werfen?

Nein, so geht das nicht.
Die Herausforderung: Ich habe keine alltagstaugliche Idee.

Willkommen im Dilemma, Noémie.

Ich habe noch keine Idee für die Zukunft. Ich fühle mich ja grundsätzlich wohl mit den Dingen, die ich tue und wie ich mein Leben führe. Trotzdem schäme ich mich, mich mit der Situation überfordert zu fühlen. Mein Körper ist über längere Zeit Hochleistungssportler und ich bemerke es nicht einmal.

Ja, ich bin enttäuscht über mich selbst.
Nein, es nützt mir nichts.

Die Konfrontation mit harten Fakten schmerzt gleichermassen, wie sie befreit.

Ab einer gewissen Intensität können Schmerzen nicht mehr geleugnet werden – egal ob emotional oder körperlicher Natur. Vielleicht steckt der Sinn dahinter, nicht mehr länger an seinen wahren Bedürfnissen vorbei zu experimentieren.
Schliesslich kriegt niemand ne Urkunde, wenn er sich für andere aufopfert.
Wäre mir zumindest neu.

Mit der Konfrontation der aktuellen Lebenslage werde ich daran erinnert, wo ich stehe. Jetzt kann ich handeln und bestenfalls die Veränderung einleiten. Die Genesung passiert langfristig nicht mit den Magentabletten, die ich einnehme. Sie passiert mit meinem Inneren.
Weniger Symptombekämpfung, mehr Wurzelbehandlung.

Das bedeutet nicht, den ganzen Lebensentwurf über den Haufen zu werfen. Erstmal geht es darum zu benennen, was gerade ist.
«Mein Leben anpassen», hat mir mal eine Psychologin gesagt. Anpassen an meine Bedürfnisse, Werte und Prioritäten im Leben.

Nicht von «einfach» oder «sofort» ist die Rede. Es ist völlig okay, unsicher zu sein, ob wir auf dem richtigen Weg sind.
Lassen wir uns Zeit.
Und finden heraus, wozu wir Ja sagen möchten.

Unser Leben darf sich jede Woche ein bisschen mehr nach Heimspiel anfühlen.

In diesem Sinne
Bleiben wir gemeinsam dran – es lohnt sich!

Noémie