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Wie eine Finanzberatung meinen Selbstwert berührt

Feierabend.
Da sind wir also.
In der Imbissbude an der befahrenen Hauptstrasse.
Kaum zu glauben, doch der heutige Artikel zum Thema «Finanzen» und «Selbstwert» beginnt tatsächlich in einem türkischen Restaurant.
Mit einem guten Freund geniesse ich die Spezialität des Hauses. Wir tauschen uns über alles Mögliche aus – und bleiben beim Thema «Krankenkasse» hängen.
Warum auch immer.

 

«Ich habe das Gefühl, ich bezahle zu viel im Monat», sage ich.
Meine Aussage klingt eher resigniert, getarnt als nicht erwähnenswerte Floskel. Dass ich viel Geld zahlen muss, schiebe ich der breit gefächerten «Akte-Noémie» zu, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hat.
Wissen tu ich es aber nicht.

Mein Gegenüber sagt, dass er jemanden kenne, der mir weiterhelfen kann. Er gerät derart in’s Schwärmen, dass ihm beinahe die Zwiebeln aus dem Mund fallen. Seine Mimik bestätigt vollumfänglich seine Begeisterung von dieser Person.
Es handelt sich um einen Finanzberater.

 

Oh.
Mein Gedanke klingt zweifelnd.
Die Freude meines Freundes schwappt noch nicht ganz zu mir herüber.

Einerseits bin ich schon neugierig.
Andererseits müsste ich dafür über meinen Schatten springen.
Eine persönliche Beratung meiner Finanzen hatte ich bisher noch nie. Früher erledigte meine Beiständin das Papierzeugs wunderbar für mich. Danach wurstelte ich mich mit Hilfe meines Umfeldes durch die Welt der Formulare. Nun soll ich also auf einer ganz professionellen Schiene einspuren?

Ich tippe die Nummer des Beraters in mein Smartphone, damit ich mich zu gegebener Zeit bei ihm melden kann.
Wieder Zuhause starte ich erstmal den Laptop und google vorsichtshalber seinen Namen. Der unbekannte Mann hat ganz viele Weiterbildungen im Gepäck, sogar einen Ehrenkodex entdecke ich auf seiner Homepage.

Erstaunt und überwältigt reisse ich die Augen auf, unfähig, sie vom Bildschirm zu lösen. Die Vermutung, diese Beratung nicht bezahlen zu können, weicht der Überzeugung.

Selbst wenn ich vergeblich nach Preisangaben suche.

Und trotzdem:

Ja, ich stehe dazu, dass ich mich wenig mit meinen Finanzen befasse.

Ja, ich will Verantwortung übernehmen.

Ja, ich bin es wert, meine finanzielle Lage zu optimieren.

Ja, ich werde mit ihm Kontakt aufnehmen.

 

Oh, krass.

 

Habe ich gerade gesagt, dass ich Kontakt mit ihm aufnehmen werde?

Bevor ich es mir anders überlege, geht alles ganz schnell. Nach einem kurzen Telefonat mit einer angenehmen, sympathischen Stimme steht das Datum für ein Erstgespräch fest.

 

Das Gespräch verläuft wunderbar, ich fühle mich sehr gut aufgehoben. Trotz der Thematik lachen wir während dem Gespräch erstaunlich viel.

Das Wort «Finanzen» erzeugte bisher oft das Bild in mir, wie zwei Menschen an einem Tisch sitzen.

In einem dunklen Raum mit brennender Lampe.

Ernsten Gesichtszügen und qualmenden Zigarettenrauch.

Vielleicht habe ich aber auch einfach zu viele Filme gesehen..

Nun wird das Wort in das völlig neue Geschenkpapier «Spass» eingepackt.

Der Berater zeigt sich äusserst wohlwollend. Aufgrund seiner Gesprächsform stelle ich sogar die Vermutung auf, dass er nebenbei einen sozialen Beruf ausübt.  

Kurz gesagt: Er hat mein Vertrauen in den ersten Minuten gewonnen.

 

Erst am Ende der Sitzung starte ich einen Versuch zu fragen, wie das mit dem finanziellen Rahmen dieser Beratung ungefähr so aussehen mag.

Ungünstiger Zeitpunkt.

Nach eineinhalb Stunden.

Ich atme tief durch und bin auf alles gewappnet.

 

Mein Gegenüber weist mich auf die vorgestellten Beratungstypen in unterschiedlichen Preisklassen hin – und erwähnt, dass meine gewünschte Beratung kostenfrei ist.

 

Ok, ich bin doch nicht auf alles vorbereitet.

 

Völlig baff versuche ich, meine Sprachlosigkeit in Worte zu verpacken.

Es purzeln chronologisch wenig geordnete Wortfetzen aus meinem Mund, die meine Dankbarkeit annähernd beschreiben sollen.

Im zweiten Termin präsentiert er mir die Lösungsvorschläge zu meinen offenen Fragen.

Mir wird bewusst: Er weiss sehr viel über meinen beruflichen Werdegang, wenn ich diesen überhaupt so nennen darf. Und in diesem Moment schäme ich mich dafür. Was er wohl für ein Bild von mir hat?

Und von mir denkt?

Doch er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, schenkt mir weiterhin wertschätzende Worte in einer wohlwollenden Stimme. Am Ende des Gespräches bietet er mir das «Du» an.

Einfach so.

Ein weiterer Moment, in dem meine Sprachlosigkeit Bände spricht.

 

Doch ich schaffe es noch, ein freundlich klingendes «dankeschön» zu formulieren.

Hinter diesem «dankeschön» steht sehr viel mehr für mich. Ich fühle mich geehrt, dass mir mein Gegenüber das Du anbietet, obwohl er viel von mir weiss.

Oder gerade deswegen.

 

Ich meine, ich habe keinen Ehrenkodex über meinem Schreibtisch hängen.

Ich ertappe mich dabei, wie ich in alte Denkmuster zurückfalle. Definiere ich mich tatsächlich über meine Bildung?

Wenn ich so darüber nachdenke – eigentlich nicht!

Ich bin mehr als die Noten in meinen Zeugnissen.

Mehr als die Kilometer, die ich renne.

Mehr als die Worte, die ich schreibe.

Ich bin ich.

Ich darf mich selbst wertschätzen.

Ich darf so «gross» sein, dass ich «grosse» Menschen duzen darf.

Dankeschön für die Erinnerung, lieber Finanzberater.




Was hätte ich alles verpasst, wenn ich mich von der Angst hätte zurückhalten lassen?

Wenn es das Telefonat nie gegeben hätte?

Was für eine wertvolle Erfahrung für meine Persönlichkeit.

Und auch für meine Finanzen.

 

Oft höre ich die Worte, dass «es nie zu spät ist». Doch es ist auch nie zu früh, Ordnung in seine finanzielle Lage zu bringen.

Ich spüre eine bewegende Verbindung zwischen dem Aufgeräumtsein in meiner Seele und dem Gefühl, ein wenig mehr Klarheit im Kapitel «Finanzen» zu besitzen. Aus diesem Grund liegt mir dieser Artikel besonders am Herzen.

 

Du allein entscheidest.

 

Falls sich deine Finanzen noch nicht stimmig anfühlen, könnte es einen Versuch wert sein.

Selbst wenn sich der Ort des Starts ausgesprochen heimelig präsentiert – es muss nicht zwingend in einem türkischen Schnellrestaurant stattfinden.

Aber es ist durchaus möglich.

 

In diesem Sinne

Bleib dran – es lohnt sich!

 

Noémie